International Association Against Psychiatric Assault
c/o Lawyer/Rechtsanwalt André Raeber, Hinterbergstrasse 24, 6312 Steinhausen, Schweiz/SwitzerlandThe association is a Human Rights organization that opposes psychiatric coercion and aims to abolish psychiatric coercive measures altogether, promoting the fundamental rights of self-determination, liberty, and human dignity.
Die
volle Wahrheit, bitte!
Geschichtsfälschung
im HygieneMuseum
Verleugnung der über 20.000 Mordopfer von 1945-49
Aufruf
zu Protest und DemonstrationDas
Hygiene-Museum in Dresden zeigt vom 12. Oktober 2006 bis zum 24. Juni 2007
die Ausstellung Tödliche Medizin1. In
dieser Ausstellung werden aber die medizinischen Massenmorde in den Psychiatrien
durch Todverhungernlassen von 1945 bis 1948/49 verschwiegen und damit die
Geschichte gefälscht. Dabei handelt es sich von 1939 bis 1949 um dieselbe
Gruppe der Opfer und dieselbe Gruppe der Täter und von 1945 bis 1949
um dieselben Mordmethoden wie von 1941 bis 1945. Heinz Faulstich hat in
seiner Forschungsarbeit Hungersterben in der Psychiatrie 1914 -19492
dieses Morden, das unter den Augen der Besatzungsmächte andauerte, beschrieben
und Ernst Klee hat es in seinem Film Sichten und Vernichten dokumentiert.
Im gesamtdeutschen
Vergleich hatte die damalige Sowjetzone die höchsten Mordraten an den
Überlebenden in den psychiatrischen Internierungslagern zu verzeichnen,
wie Heinz Faulstich belegt. Wenn man die Sterbeziffern der nichtinternierten
Bevölkerung den durchschnittlichen Sterbeziffern in den Anstalten in
der Sowjetzone gegenüberstellt, wird offenkundig, dass die Sterberate
in den Jahren 1946 und 1947 bei 24% in den Anstalten lag, dagegen waren es
2,1 bzw. 1,9% bei den Nichtinternierten, und im Jahre 1949 immer noch 9% gegenüber
1,3%3.In den vier allierten
Besatzungszonen summieren sich diese vom medizinischen Personal begangenen
Morde zu über 20 000 Opfern in der Zeit von 1946 bis 1948/49, also
nach dem Ende der Nazi-herrschaft4. Es ist davon auszugehen,
dass es sich um weitaus mehr Opfer handelt. Die Fortführung der Forschung
auf diesem Gebiet steht noch aus.
Dennoch sind
die Allierten Befreier, denn nach einigen Jahren gingen unter den neuen Regierungen
in Deutschland die Mordraten in den psychiatrischen Internierungslagern tatsächlich
zurück.
Nun ein Blick
auf die USA. Auch in der amerikanischen Zone starben in der Psychiatrien 9,9
% der Anstaltsinsassen im Jahre 1946, 8,0% im Jahre 1947 und 6,8% im Jahre
19485. Darüber hinaus gab es für die medizinischen
Opfer der ärztlichen Verfolgung in den USA kein Asyl. Angeblich “psychisch
Kranke”, hätten sie der drohenden Gaskammer entkommen können,
wären von den USA wieder zurückgeschickt worden, wenn sie ihre medizinische
Verleumdung benannt hätten.
Zurück
zur Geschichtsfälschung des Hygiene-Museums: Warum verleugnet das Hygiene-Museum
die Morde entgegen besseren Wissens? Am plausibelsten ist die Vermutung, dass
damit die Täter geschützt und die Verbrechen der Berufsgruppe der
Täter nach 1949 gedeckt werden sollen. Denn wie ging es weiter mit dieser
vermeintlichen “Wissenschaft” Psychiatrie? Welche neuen, wieder
vorgeblich “humanen” Methoden, folgen dem Morden als angeblichem
“Gnadentod”? Lobotomie, also die psychiatrische Hirnchirugie. Der
Elektroschock, der bis heute angewendet wird. Der Insulinschock und als letzte
Neuerung, die Verabreichung von bewußtseinsverändernden sowie den
Körper schädigenden Drogen – in der Psychiatrie immer unter der
immanenten Drohung von Zwang oder mit direktem Zwang: Einsperrung und Fesselung,
totale Kontrolle in einer totalen Institution. Der Zwang ist das Verbindende,
was bei all diesen verschiedenen Methoden gleichgeblieben ist, um die sogenannte
Krankheitseinsicht zu erzielen. Und bis heute können Psychiatrie-Erfahrene
in die USA nur mit der Lüge einreisen, dass ihnen bisher keine verleumderische
“Geisteskrankheit” z.B. eine sog. “Schizophrenie” attestiert
wurde.
All diese legalisierten
Menschenrechtsverletzungen beginnen mit einem verleumderischen Jargon: dazu
Prof. Thomas Szasz:
“Schizophrenie ist ein strategisches Etikett, wie es “Jude”
im Nazi-Deutschland war. Wenn man Menschen aus der sozialen Ordnung ausgrenzen
will, muß man dies vor anderen, aber insbesondere vor einem selbst rechtfertigen.
Also entwirft man eine rechtfertigende Redewendung. Dies ist der Punkt, um
den es bei all den häßlichen psychiatrischen Vokabeln geht: sie
sind rechtfertigende Redewendungen, eine etikettierende Verpackung für
“Müll”; sie bedeuten “nimm ihn weg”, ” schaff
ihn mir aus den Augen”, etc. Dies bedeutete das Wort “Jude”
in Nazi-Deutschland, gemeint war keine Person mit einer bestimmten religiösen
Überzeugung. Es bedeutete “Ungeziefer”, “vergas es”.
Ich fürchte, dass “schizophren” und “sozial kranke Persönlichkeit”
und viele andere psychiatrisch diagnostische Fachbegriffe genau den gleichen
Sachverhalt bezeichnen; sie bedeuten “menschlicher Abfall”, “nimm
ihn weg”, “schaff ihn mir aus den Augen.” 6
Die medizinischen
Menschenrechtsverletzungen finden ihren Höhepunkt im Massenmord. Ernst
Klee hat es auf den Punkt gebracht: “Nicht die Nazis haben die Ärzte
gebraucht, sondern die Ärzte die Nazis. 7
Die International
Association Against Psychiatric Assault (IAAPA), die Bundesarbeitsgemeinschaft
Psychiatrie-Erfahrener e.V., der Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Berlin
Brandenburg e.V., und die Irren-Offensive e.V. hatten das Hygiene-Museum aufgefordert,
die Ausstellung und die dazugehörige Broschüre entsprechend diesen
Tatsachen zu ändern und die Geschichtsfälschung zu unterlassen.
Die Museumsleitung ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen.
Wir rufen daher
die Bevölkerung auf, gegen die Geschichtsfälschung zu protestieren
und sich an der Demonstration am Tag der Eröffnung, am 11.10.2006, um
12.30 Uhr vor dem Hygiene Museum in Dresden zu beteiligen. Um 18:00h findet
die Eröffnungsfeier statt, zu der auch Innenminister Wolfgang Schäuble
und der amerikanische Botschafter kommen.
Wir
fordern:
- Beendigung der
Geschichtsfälschung Schluß mit dem Leugnen der über
20.000 in den Psychiatrien in Deutschland Ermordeten von 1945 – 1948/49
- Ermittlung und
Veröffentlichung im Internet aller mutmaßlich 300.000 Namen der
Opfer des systematischen ärztlichen Massenmordes von 1939-1949, so daß
Angehörge von dem Schicksal ihrer Familienmitglieder überhaupt etwas
erfahren können und das allermindeste an Würde der Opfer wiederhergestellt
wird, indem wahrnehmbar wird, dass die Ermordeten existierten und einen Namen
hatten. - Öffentliche
Anerkennung, dass die internationale wie insbesondere die deutsche Psychiatrie
wegen ihrer Massenmorde und ihrem Folterregime ein verbrecherisches Zwangssystem
und keine Wissenschaft ist.
Wir weisen darauf
hin, dass 1948 nach den Nürnberger Prozessen das Entsetzen über
die Greueltaten der systematischen psychiatrischen Massenmorde in den Gaskammern
der “Aktion T4”, die 1939 als medizinisch-biologistische Kampagne
in Deutschland angefangen hat, der dann die Vernichtungslager in Polen folgten,
auch ein Anlaß für die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
der Vereinten Nationen war, um die Menschenrechte durch die Herrschaft des
Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht gezwungen wird, als letztes
Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung zu greifen.
International
Association Against Psychiatric Assault (IAAPA), Bundesarbeitsgemeinschaft
Psychiatrie-Erfahrener e.V., Israeli Association Against Psychiatric Assault,
Weglaufhaus Initiative Ruhrgebiet e.V., Irren-Offensive e.V., Landesverband
Psychiatrie-Erfahrener Berlin-Brandenburg e.V., Werner-Fuß-Zentrum,
Landesverband Psychiatrie-Erfahrener NRW e.V.
1.
Siehe: www.dhmd.de/neu/index.php?id=835
2. Lambertus-Verlag: Breisgau 1998
3. Faulstich 1998: 670 und 713
4. vgl. Faulstich 1998: 715
5. ebd.: 713
6. aus: ‘Interview mit Thomas Szasz’, in the New Physician, 1969
7. Ernst Klee aus seiner Rede beim IPPNW-Kongreß in Nürnberg 1997
Zitat aus
…
Ungewöhnlich
ist die “Handschrift” dieser ursprünglich auf ein amerikanisches
Publikum abgestimmten Ausstellung. Klar eröffnet eine andere
Herangehensweise neue Chancen – aber wenn ein Raum gekachelt und gefliest
ist, wie einst in den alten Anstalten, und darin Bilder von erst untersuchten
und dann ermordeten Kindern hängen, dann mag das mancher als
effektheischenden Eventcharakter erachten. Da werden Orte des Schreckens
zum Erlebnispark.Die
Schau hat bereits Protest erregt. Nicht von den einschlägigen
“Kameraden” aus rechten Kreisen. Es sind Aktivisten mehrerer
Initiativen, darunter der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener,
die Bedenken anmelden. Sie werfen den Ausstellungsmachern “Geschichtsfälschung”
und Verleugnung weiterer Opfer “ärztlicher Massenmorde”
vor, weil die Dokumentation die rund 20 000 Menschen unerwähnt
lasse, die nach Kriegsende bis 1949 in deutschen Psychiatrieanstalten
unter den Augen der Besatzungsmächte durch Verhungern dem Tod
preisgegeben worden seien. “Dieser Teil der Geschichte ist nicht
Gegenstand der Ausstellung, diese zeigt nur, was bis 1945 geschah”,
erklärte dazu Museumsdirektor Klaus Vogel.
Christian Ruf